West-Nil-Virus: Lohnt sich die Impfung beim Pferd? Ein persönlicher und fachlicher Überblick
- Harriet Charlotte Schulz
- 19. März
- 3 Min. Lesezeit
Aktuell stehe ich vor einer Entscheidung, die viele Pferdehalterinnen und Pferdehalter sicherlich nachvollziehen können: Soll ich meine Pferde gegen das West-Nil-Virus impfen lassen? Es ist eine Überlegung, die mich seit Wochen intensiv beschäftigt. Ich lese, recherchiere, frage Tierärztinnen, spreche mit Kolleginnen aus dem Stall – und je tiefer ich eintauche, desto komplexer erscheint das Thema.
Natürlich spielt auch der finanzielle Aspekt eine Rolle. Eine Impfdosis kostet laut meinen Informationen rund 100 Euro. Für die Grundimmunisierung benötigt jedes Pferd zwei Dosen – bei sieben Pferden wären das allein 1.400 Euro, ohne die tierärztlichen Kosten, die durch die neue GOT (Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte) zusätzlich gestiegen sind. Es ist also keine Entscheidung, die man leichtfertig trifft. Doch am Ende darf der Preis nicht allein ausschlaggebend sein. Viel wichtiger ist: Was bedeutet das West-Nil-Virus für unsere Pferde? Wie gefährlich ist es wirklich – und wie wirksam ist die Impfung?
Da wir in Niedersachsen leben – einem mittlerweile klaren Risikogebiet – ist es unumgänglich, sich mit dem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen. Denn letztlich geht es nicht nur um Kosten, sondern um das Wohl und den Schutz unserer Tiere.
Was ist das West-Nil-Virus (WNV)?
Das West-Nil-Virus stammt ursprünglich aus Afrika und wird durch blutsaugende Mücken übertragen. Der natürliche Kreislauf findet zwischen Vögeln und Stechmücken statt. Pferde und Menschen gelten als sogenannte Fehlwirte – sie können das Virus zwar aufnehmen, aber nicht weitergeben.
Seit 2018 wird das Virus auch in Deutschland nachgewiesen, mit einer besorgniserregenden Zunahme in den letzten Jahren. Besonders auffällig ist der Anstieg in Niedersachsen: 2024 wurden hier bereits 68 Infektionen bei Pferden registriert – ein alarmierendes Signal für alle Pferdehaltenden in der Region.
Symptome und Krankheitsverlauf bei Pferden
Zwar verlaufen viele Infektionen symptomlos, doch es gibt auch schwere Verläufe – insbesondere mit neurologischen Ausfällen wie:
Nachhandlähmung
Muskelzittern
Koordinationsstörungen
Schwäche bis zum Festliegen
Diese Symptome sind nicht nur beängstigend, sie können im schlimmsten Fall tödlich enden. Andere Pferde entwickeln lediglich fieberhafte Allgemeinsymptome. Da der Verlauf so individuell und unberechenbar ist, bleibt eine Unsicherheit, die schwer wiegt.
Wie funktioniert die Impfung gegen das West-Nil-Virus?
Für Pferde stehen in Deutschland zugelassene Impfstoffe zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet) empfiehlt die Impfung besonders in betroffenen oder angrenzenden Regionen – möglichst im Frühjahr vor der Mückensaison.
Grundimmunisierung: Zwei Impfungen im Abstand von ca. 3–5 Wochen
Auffrischung: Einmal jährlich
Die Impfung wirkt präventiv, nicht therapeutisch. Das heißt: Sie schützt das Pferd davor, bei einer Infektion schwer zu erkranken. Der vollständige Schutz ist jedoch erst einige Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung gegeben – ein weiterer Grund, frühzeitig zu handeln.
Was spricht für die Impfung – und was dagegen?
Vorteile der Impfung:
Schutz vor schwerem Krankheitsverlauf
Keine Therapieoption im Krankheitsfall – nur Prävention möglich
Keine Weiterverbreitung durch infizierte Pferde, aber dennoch hohes individuelles Risiko
Vorbeugung besonders wichtig bei Reisen in Risikogebiete oder Turnierbesuchen
Nachteile:
Kostenintensiv, vor allem bei mehreren Pferden
Impfreaktionen sind – wie bei allen Impfungen – möglich (lokale Schwellung, Fieber, Mattigkeit)
Fazit: Eine Entscheidung für die Gesundheit
Ob sich die Impfung lohnt, ist letztlich eine individuelle Entscheidung. Doch angesichts der steigenden Infektionszahlen, der regionalen Verbreitung und der möglichen schweren Krankheitsverläufe spricht vieles für die Impfung. Ich persönlich tendiere dazu, alle meine Pferde grundimmunisieren zu lassen – nicht, weil ich übervorsichtig bin, sondern weil ich mich umfassend informiert habe und das Risiko nicht mehr ignorieren kann. Die Kosten sind nicht unerheblich, aber im Verhältnis zum möglichen Leid der Tiere erscheinen sie gerechtfertigt.
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